Ten o’clock postman give me a letter 🎶 sing sing

Die letzten Wochen in der Schweiz waren zum Teil recht ungemütlich. Neben der Vorfreude brach immer wieder das latente Gefühl über uns herein, man könnte irgendetwas vergessen haben. Eine Versicherung, die ungültig wird durch den Verlust des Wohnortes in der Schweiz oder ein Abo, das weiterläuft und sich Mahnungen über Mahnungen anhäufen. Was passiert beispielsweise mit der Coop-Zeitung? Es war die simple Frage, wer schickt mir alles über das ganze Jahr verteilt Post, ob ich es will oder nicht und wer fände es überhaupt nicht lustig, wenn plötzlich der Adressat unbekannt verzogen ist.

Jeder der schon einmal umgezogen ist kennt das. Es werden eifrig Listen mit Abos, Versicherungen, Banken erstellt, die über die neue Adresse informiert werden müssen. Die einen kann man ganz elegant per E-Mail über die Adress-Änderung informieren, andere bitten dafür schon um einen signierten Brief. Und was ist mit denjenigen, die man doch vergessen hat zu informieren?

Ja und welche Information gibt man weiter?
In Europa keine schwere Frage: Name evtl. ℅, Strasse, Hausnummer, Postcode, Stadt und dann das Land.

Das neue Heim stand schon fest, nur, «was ist hier was» :

 

Poinsettia Appartement, Belizaire Road, Vigie, Castries, St. Lucia, West Indies

 

Einiges ist da doch mal klar. Es gibt eine Strasse, keine Nummer, die Stadt heisst Castries [mit einem deutschen «a» gesprochen, kein ä wie man im Englischen erwarten würde] und das Land heisst St. Lucia [Sänt Luscha]. Der Rest, den gibt man besser auch mal an, wer weiss für was das gut ist. Ach ja, zwischen rein ein ℅ Pfeffer.

So und falls uns jetzt doch noch was durch die Lappen ist, gibt es ja zum guten Glück die Marlis und die Post, bei der man für eine wirklich kleine Gebühr von 90 SFr einen Nachsendeauftrag für die ganze Welt platzieren kann. Doppeltes Netz sozusagen.

Nach 2 Wochen voller Eindrücke in Sänt Luscha blinkt in meinem Kopf plötzlich die Frage auf, wo ist denn eigentlich unser Briefkasten und um welche Uhr kommt der Briefträger täglich hier vorbei ? Ab wann sollten wir überhaupt mit Post rechnen?

Da kein Briefkasten zu finden ist, wird die Post vielleicht beim Appartement Büro abgegeben. Bei nächster Gelegenheit fragte ich Vela, die Projektassistentin, wann denn der Postmann klingelt. Sie schaute mich verwundert an? Postman? «In St. Lucia there is no Postman. Everybody who wants to become letters has a postbox, of course. All others do not want mail.» So einfach ist das hier. Man kann einfach keine Post wollen…

Was passiert jetzt wohl mit den ganzen Briefen, die die Schweizer Post freundlicherweise an uns weiterleitet? Zurück zum Absender?

Nervös fahren wir am 14. Mai zum General Post Office um diese Frage zu klären. Die grosszügige Halle ist wunderbar gekühlt und menschenleer. Die Frau hinterm Schalter winkt nach meinem 2. Satz ab und holt besser mal einen Inspektor. Der freundliche Herr fragte uns, wo wir wohnen. «Belizaire Road» Fragende Augen schauen uns an. Ganz überhastet wirft Uwe «Vigie» [Widschi] ein. Und nun erhellen sich die Augen des Inspektors. So, dann wäre das ja auch mal geklärt und wir wissen für was der Teil der Adresse gut war: Vigie ist der Quartiername in dem wir wohnen. Der Herr Inspector verweist uns an die Post Office Conway, zuständig für Vigie und wir verlassen gespannt die General Post Office.

Und was jetzt kam war echt ‘Public Service’:

Ein freundlicher Postofficer, erklärt uns in bestem Oxford English, dass doch zufällig gerade heute, am 14. Mai vor wenigen Stunden 3 Briefe von der Schweizerischen Post nach Castries Vigie weitergeleitet wurden. Da keine Postbox angegeben sei, hätte er sich gedacht, er könnte die Briefe ja in die Postbox unserer Vermieter legen. Inzwischen hatte er schon mal die Postbox Nummer der Poinsettia Appartements auf den Briefen notiert. Der Herr erklärt uns: Briefe ohne Postbox werden in St. Lucia 3 Monate aufbewahrt, solange können Adressaten diese einfach abholen. Werden sie innert dieser Frist nicht abgeholt, gehen sie zurück zum Absender.

 

Dass ein triviales Thema «Adresse» so eine Wendung nimmt, war für uns im Oberdorf sitzend, nicht vorstellbar.

Leere Post Offices, kein Postman – ein Gefühl schlich sich aber nach und nach ein: Wie wunderbar ist es doch dass sich hier Amazon und Co. noch nicht durchgesetzt haben und Postbooten nicht Tonnen von Bestellungen durch die Strassen karren um dann bei «Nichtgefallen» den ganzen Weg zurückfahren, wo sie dann, egal um was es sich handelt, in der Müllverbrennung landen.

 

https://www.youtube.com/watch?v=BMRzgyLY3c0

1 thought on “Ten o’clock postman give me a letter 🎶 sing sing”

  1. … und alles was uns so umtreibt ist die Frage: kommt A Post auch wirklich am nächsten Tag an? Ist das nicht absurd? Keep us posted und liebe Grüsse

Leave a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *